Donnerstag, 27. Dezember 2012

Es war einmal.. Ein Märchen aus dem Alltag

über Diskriminierung und Ausgrenzung.



"Hast du die Dicke gesehen? Sowas ekliges..",
"Ja, aber echt, wie kann man nur so fett werden!".

Marie hörte solche Sprüche öfter. Gerade fing sie eine Lehre zur Arzthelferin an. Sie hatte sich so auf die Ausbildung gefreut, seit ihrem Schulpraktikum in der achten Klasse wollte sie diesen Beruf erlernen. Menschen helfen, Krankheiten bekämpfen. Und dann hatte sie ihr Ziel erreicht. Endlich.

Manche Geschichten die das Leben
schreibt, machen Aci nachdenklich..
Aber ihre Klassenkameradinnen in der Berufsschule waren alle so anders als sie. Alle anderen in ihrem Jahrgang waren schlank. Und sie ließen Marie auch spüren, dass sie irgendwie nicht dazu gehörte, dass sie sich nicht mit ihr abgeben wollten weil sie in ihren Augen "fett und hässlich" war und überhaupt gar nichts im Beruf der Arzthelferin zu suchen hatte.

Marie wurde zur Außenseiterin und bald ertrug sie die Berufsschule nur noch schwer..

Doch auch auf ihrer Arbeit in einer Praxis für Allgemeinmedizin gab es Menschen die sie dort nicht haben wollten. Patienten mit Vorurteilen:
"Frau Dr., Ihre neue Auszubildende, also wirklich, die passt nun gar nicht in Ihr Praxisbild hinein.", "Ich möchte nicht respektlos sein, aber die neue Auszubildende wirkt sehr plump mit ihrem enormen Umfang, wo Sie doch ohnehin so kleine Praxisräume haben..", "Das Mädchen sollte sich erstmal mit ihrer eigenen Fresssucht befassen, ehe sie anderen Menschen helfen will.". 

Der Ausbildungsvertrag wurde schon nach drei Monaten wieder aufgelöst. Marie hielt den ständigen Angriffen aufgrund ihres Äußeren nicht mehr stand und wollte einfach nur noch, dass es aufhört. Auch wenn das bedeuten würde, ihren Traum von diesem Beruf aufgeben zu müssen.

"Wissen Sie..", erzählte Marie ein halbes Jahr später ihrer Psychotherapeutin, "Ich wollte Arzthelferin werden, um anderen Menschen zu helfen, mit ihren Krankheiten umzugehen und sie zu bekämpfen. Vielleicht hätte ich dann auch die Kraft gefunden, meiner eigenen Erkrankung entgegen zu wirken..".

Die Therapeutin nickte verständnisvoll, "Aber anstatt auf Menschen zu treffen, die Toleranz für das aufbringen müssten was Sie durchmachen weil sie ganz Ähnliches erleben, trafen Sie auf Diskriminierung und Ausgrenzung.".

"Ja,.." Marie wirkte traurig als sie antwortete, "..eine der Patientinnen sagte mir ins Gesicht, sie fände ich sei unästhetisch.. Wie hätte sie wohl reagiert, wenn ich ihr geantwortet hätte, dass ich ihre Glatze von der Chemotherapie auch nicht besonders ästhetisch finde..?"

"Aber das haben Sie natürlich nicht.", hakte die Therapeutin nach.

"Nein, natürlich nicht. Niemals würde ich so etwas sagen oder nur denken.. Aber wo ist schon der Unterschied..? Ob eine krebskranke Frau die ihre Haare während einer Chemo verliert oder eine Adipositas-Patientin die ihr Leben lang schon gegen das krankhafte Gewicht und vielleicht eine Essstörung kämpft..?"


2 Kommentare:

  1. Nicht alle Dicke sind Adipositas-Patienten. Manche sind vielleicht einfach etwas verfressen.. trotzdem finde ich es dein Beispiel (ich hoffe, es beruht nicht auf wahren Begebenheiten, auch wenn ich anders denke) ziemlich erschreckend :( Wie kann man denn denken, nur weil jemand einen anderen KÖRPERumfang hat, dass er/sie/es nicht in einer Arztpraxis arbeiten sollte?!?! Das ist ja so, als würde man sagen, Farbige sollten lieber nicht in einem Sonnenstudio arbeiten, da sie dort irgendwie überflüssig wären? Ich kann es nicht fassen und hätte nicht gedacht, dass dies so möglich ist.

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    1. Deine Vermutung ist leider richtig; Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Es ist in meinem Bekanntenkreis fast 1:1 so passiert.

      Natürlich hast du Recht, dass nicht jeder Übergewichtige die Krankheit Adipositas hat; die wird aber ja ab einem bestimmten BMI diagnostiziert und bei der Protagonistin hier handelt es sich um eine fortgeschrittene Adipositas.

      Ich habe das versucht in der Geschichte so heraus zu arbeiten das man merkt das Marie tatsächlich ein krankhaftes Problem hat - aber das es in der Gesellschaft nicht als Krankheit anerkannt wird.

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